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"auf Pad"

Seite 3: Ai-Ais Aus Lüderitz

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6. Tag, 06.11. Ai-Ais / Fish River Canyon

Heute ist ein Ruhetag geplant. Zumindest wollen wir nicht so weit fahren und am Abend wieder herkommen. Die Fahrt zum ´lookout´ bietet sich als kleiner Abstecher geradezu an. So stehen wir kurze Zeit später am Gate, wo der Wächter sich wie immer unser Kennzeichen notiert. Dazu noch die Zeit der Ein- bzw. Ausfahrt. Als er mich fragt, ob wir nach Hobas fahren, nicke ich ihm zu. Klar, Hobas liegt auf dem Weg zum Canyon; da müssen wir auf jeden Fall vorbei. Super, grinst der Mann und reicht mir drei dicke Umschläge. Post, Unterlagen, abgestempelt und versandfertig. ´Bring that to Hobas Camp, please.´ Okay, kurzzeitig im Dienst der Namibian Post machen wir uns auf den Weg.
Wir müssen den ganzen Weg von gestern Nachmittag wieder zurück. Die C10 bis zur Kreuzung nach 22 km, dann nach links auf die Pad 324, wo wir nach 43 km den Abzweig nach Hobas und zum ´lookout´ nehmen.
Am Vormittag ist noch überhaupt nichts los auf der Piste, nur eine einsamer Scraper schiebt den Sand von der Bahn.
Wir erreichen Hobas, wo eigentlich Eintritt zum Canyon gezahlt werden muss. Mit der wichtigen Post unter dem Arm trete ich höchstpersönlich vor den Verantwortlichen und unser Wegezoll zum Aussichtspunkt sinkt auf einmal gegen Null..
Es folgen die bislang schlimmsten Kilometer, was den Straßenzustand betrifft. Übelster Straßenbelag aus einer Mischung von kleineren Steinen, Kies und richtig dicken Brocken, zusammengebacken zu kompaktem Waschbrett und unterbrochen von tiefen Schlaglöchern. Es sind nur zehn Kilometer und wir können die gesamte Strecke in einem Stück überblicken, doch es wird eine zähe und langwierige Tortour. Mehr als 5-10 km/h geht nicht; jeder schnellere Versuch endet damit, dass das Radio droht, aus seiner Verankerung zu fallen. Das komplette Armaturenbrett rüttelt und schüttelt sich, ohrenbetäubender Lärm aus allen Ecken des Autos; ich hoffe, der Dachträger samt Ladung hält. Ab einer bestimmten Schüttelfrequenz oder Heftigkeit meldet sich plötzlich der Scheibenwischer. Ohne Vorwarnung versieht er seine Dienste. Fish River CanyonWenn man dann noch bei seiner Arbeit ein weiteres Schlagloch mitnimmt, gibt es Wasser dazu. Ohne je in die Nähe des Wischerhebels gekommen zu sein, arbeitet der munter mit stetigem Wasserstrahl und schmiert den feinen Staub von rechts nach links.
Endlich haben wir es geschafft und die mörderische Strecke bezwungen. Wir sind am Aussichtspunkt angekommen. Zwei Schatten spendende Dächer, eine Informationstafel und ein Canyon. Sehr schön, groß und beeindruckend, diese Szenerie. Weit unter uns beschreibt der Fish River einen großen Bogen. Seine Biegungen und Wendungen verlieren sich in der Ferne. Der Canyon ist nach dem Grand Canyon der zweitgrößte der Welt und steht ihm in nichts nach, auch wenn seine Dimensionen nicht so gewaltig sind. Er ist vor allem nicht so tief, wie der große Bruder in den USA. Trotzdem sehenswert und einzigartig.

Wir fahren wieder zurück nach Ai-Ais. Es ist jetzt am Mittag sehr heiß, und wir haben Paula den Swimming Pool versprochen. Auch wir können die Hitze fast nicht mehr ertragen und sind froh, trotz Rüttelei, im einigermaßen kühlen Auto zu sitzen.

Wieder zurück im Camp gilt der erste Weg dem Pool. Doch das Wasser verspricht keine Erfrischung: Die ca. 60 Grad heiße Quelle wird auf etwa 35 Grad herunter gekühlt. Badewannentemperatur bei heißem Wind, Sonne und über 40 Grad im Schatten.

Relaxen und abendliches Grillen beschließen den Tag.


7. Tag, 07.11. Ai-Ais / Fish River Canyon - Lüderitz

MondlandschaftWir verlassen Ai-Ais nach zwei Tagen. Ziel wird heute Lüderitz sein. Entgegen der allgemein geläufigen Strecke zurück nach Norden über Seeheim und dann auf der B4 weiter, wählen wir die Alternativstrecke entlang dem Oranje über Rosh Pinah. Aber auch diese Strecke, die normalerweise über den Grenzort zu Südafrika, Noordoewer führt, wollen wir kurz hinter Ai-Ais über das ausgetrocknete Flussbett des Gamkab River abkürzen. Wir erkundigen uns noch beim in Ai-Ais ansässigen Ranger über die Befahrbarkeit der Strecke und der gibt uns Grünes Licht. Er gibt uns eine kurze Streckenbeschreibung, der wir am Vormittag folgen: Von Ai-Ais die C10 zurück, bis nach 11 km rechts der Abzweig zur D316 nach Noordoewer kommt. Abzweig nach Rosh PinahDiese folgen wir über fast schwarze Mondlandschaft ohne Vegetation bis zum zweiten Viehgatter, das nach ca. 20 km die Piste kreuzt. Schon von weitem sehen wir eine Staubfahne, die ein Auto hinter sich herzieht. Es ist aber noch mindestens 10 km entfernt. Am zweiten Viehgatter, von wo ein beschilderter Abzweig nach Rosh Pinah folgt, begegnen wir unserem Gegenverkehr: ein Landy aus Deutschland. Verwundert und erfreut über diese Begegnung halten wir zum small talk an. Die beiden im Landy sind schon vor zwei Jahren quer durch Afrika nach Kapstadt gefahren und sind nun auf dem Weg nach Zambia. Auch jetzt erkundigen wir uns über den Zustand des weiteren Weges durch die Schlucht des Gamkab. Einfach zu befahren sei er, zudem spektakulär und sehr schön. Wir dürfen nur nach einigen Kilometer die Weggabelung nicht verpassen, von wo es nach rechts zur Schlucht geht. Nach weiterem Erfahrungsaustausch trennen sich unsere Wege wieder und wir setzen den Weg nach Westen fort. Einspurige und enge Piste durch einsames Gebiet. Der zunächst eindeutig erkennbare Pad gabelt sich an einem weiteren Zaun tatsächlich und wir folgen den Spuren nach rechts. Gamkab RiverVon nun an befinden wir uns im immer enger werdenden Flussbett, wo einzelne Reifenspuren immer öfter abzweigen, um nach kurzer Zeit wieder zusammen zu führen. Es geht leicht bergab, am Fuße der Schlucht, eingerahmt von steilen Felswänden, folgen wir dem Flusslauf. Ab und zu müssen wir das heute kleine Rinnsal überqueren; wenn es aber geregnet hat, ist auch mit einem Geländewagen das Durchkommen fast unmöglich. Normale PKW haben hier aber keine Chance, denn der Weg führt sehr oft über hohe Wälle und große Steine. Nach ungefähr 20 km ist das Ende der Schlucht erreicht. An der Mündung des Oranje stoßen wir auf die D212, die von Noordoewer nach Rosh Pinah führt. Von nun an folgen wir dem grünen Band des Oranje, dem Grenzfluss zu Südafrika. Der Fluss ist der längste in Südafrika und führt ganzjährig Wasser. Aufgrund der teilweise geringen Wasserführung, vieler Katarakte und Felsbrocken ist der Oranje aber nicht schiffbar. Es folgt die bislang schönste und abwechslungsreichste Strecke unserer Namibiareise. Ab und zu verlassen wir die parallele Strecke zum Fluss, durchqueren unzählige trockene Riviere, um immer wieder zum Fluss zurückzukehren. Nach ca. 60 km verlässt der Pad den Flusslauf und biegt an der Pumpstation Seligsdrif nach Norden ab. Nach weiteren 20 km über breite Waschbrettpiste erreichen wir das kleine Städtchen Rosh Pinah. Eine Zinkmine ließ den Ort vor wenigen Jahren boomen; es entstand eine saubere, kleine Stadt mit sehr guter Infrastruktur, die alles zu bieten hat. Die Bewohner und Angestellten der Mine erfreuen sich eines gewissen Wohlstands und der Ort erscheint uns wie eine Oase. Bei größter Mittagshitze legen wir hier eine Pause ein und decken uns im vorzüglich ausgestatteten Supermarkt mit Proviant ein. Bei der Weiterfahrt über die C13 freuen wir uns über den tollen Zustand der geteerten Straße, doch diese endet wieder nach 20 km im Staub einer Sandpiste. Parallel dazu zieht sich über viele Kilometer eine Baustelle. In den nächsten zwei Jahren soll die gesamte Strecke bis hoch nach Aus an der B4 geteert sein. Noch über 120 km bis Aus. Anstrengend und teilweise mühevoll zu fahren. Außerdem bietet die Landschaft nicht übermäßig viel für das Auge. Links zieht sich ein rotbraunes Band der Namib-WüstePiste zwischen Rosh Pinah und Aus am Horizont entlang, während wir rechts das Huib Hochplateau neben uns haben. Dazwischen menschenleere Gegend. Einige Passagen dieser überaus eintönigen Strecke führen ohne jegliche Kurve bis zum Horizont, und ich mache mir den Spaß, die Entfernung eines Abschnittes ohne Kurve zu messen: Der Rekord liegt bei über 24 km! So eine Straße ist aber alles andere als schnell und zügig zu durchfahren. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei "waschbrett-überspringenden" 80-90 km/h, und sehr oft ertappt man sich dabei, wenn die 100 km/h – Marke schon weit überschritten ist. Bei so einer Geschwindigkeit hat der ohnehin schon schwere Wagen kaum Bodenhaftung, und das Fahren kommt einer Fahrt auf Eis und Schnee gleich. Man kann sich aber nicht gemütlich zurücklehnen, sondern "scannt" ständig die paar Meter vor der Motorhaube ab, um sich in Sekundenbruchteilen zwischen Schlagloch, Steinen oder Weichsand zu entscheiden. Oft trifft man die falsche Entscheidung und man betet, dass die Reifen oder Stoßdämpfer nicht zu Schaden gekommen sind. Die einzige Abwechslung auf der Strecke bieten die kurzen und geteerten Teilstücke, zum eventuellen Überholen (und zum Durchblasen der Lüftung und Klimaanlage), sowie die kleinen Entfernungsschilder nach Aus: 120 km, 110 km, 100 km....
So ist man nach relativ geringer Fahrstrecke, die man am Tag zurücklegt, abends müde, platt und ausgelaugt.
Endlich erreichen wir Aus. Ein kleiner Ort, relativ öde, und bis auf eine kleine Tankstelle und ein Hotel ist hier fast nichts geboten.
Zum Glück sind die letzten 120 km bis Lüderitz geteert. Auch wenn man gerne auf Sand oder Schotter fährt, so ist eine Teerstraße jetzt ein Genuß und eine Wohltat.
Es geht von nun an ständig bergab. Immerhin befinden wir uns hier auf knapp 1600 m. Wir erleben mal wieder die grenzenlose Unendlichkeit des Landes. Rechts befindet sich der weite Namib-Naukluft Park, südlich das Diamantensperrgebiet und die nicht enden wollenden Dünen. Abbiegen ist verboten und ohnehin unmöglich. Kein Weg zweigt vom schwarzen Teerband ab. Nach 20 km erreichen wir das Gebiet, wo sich die Gharub-Wildpferde befinden. ehemaliger Bahnhof mit WildpferdenUngefähr 200-300 Pferde leben hier und haben sich den ariden Bedingungen der Halbwüste und Savanne angepasst. Ihre Herkunft ist nicht geklärt. Man vermutet, dass die Deutschen Schutztruppen nach ihrem Rückzug 1906 die Tiere einfach ihrem Schicksal überlassen haben. Wir sehen die ersten Tiere weit neben uns, dann stehen sie sogar dicht an der Strasse.
Noch immer sind es gute 100 km bis Lüderitz. Wir folgen immer wieder deutscher Vergangenheit, als wir die Bahnhöfe Haalenberg oder Grasplatz passieren. Hier hält aber schon lange kein Zug mehr. Die einzigen Gäste in den verfallenen Häusern sind Pferde. Allerdings zeigt sich kurz vor Lüderitz hier und da Betriebsamkeit an der alten Bahnstrecke. Wir haben den Eindruck, als wolle man die Strecke zu neuem Leben erwecken (was, wie wir später erfahren, tatsächlich so ist).Sand - Straßenschild

An der Straße sehen wir nun für uns ungewohnte Verkehrsschilder, die uns vor Sand warnen. Wir haben es aber schon vorher gemerkt: starker Wind von links bläst Unmengen Sand über die Straße. Der Sand scheint förmlich über die Straße zu fließen, und manchmal können wir die schwarze Strasse vor uns vor lauter Sand gar nicht erkennen. Ab und zu liegen lange Zungen von Sandverwehungen quer über der Straße und beim Durchqueren wird der Landy jedes mal stark abgebremst. Ein lautes Prasseln von Milliarden Sandkörnern auf die Scheibe übertönt sogar das Motorengeräusch.
Dann haben wir unser Ziel fast erreicht. Kurz vor Lüderitz liegt die alte deutsche Diamantenstadt Kolmannskop, die wir aber morgen besuchen wollen. Wir fahren die letzten Kilometer nach Lüderitz hinein.Sand weht über die Straße
Erstaunlicherweise sind die Straßen menschenleer, kaum Verkehr, im Wind baumelt Weihnachtsschmuck an den Straßenlaternen. Dass heute Sonntag ist und daher alle Geschäfte geschlossen haben, erfahren wir erst später. Unser Campingplatz liegt am anderen Ende der Stadt auf der vom Wind umtosten Halbinsel Shark Island. Dass aber der Wind so stark bläst, hätten wir nicht gedacht. Zudem ist es hier ungewohnt kalt bei stürmischen 20 Grad, und auch sonst ist der Platz mehr als trostlos. Kein Baum, kein Strauch, nur Felsen und einige sandige Stellplätze. Welchen Stellplatz wir auch ausprobieren, keiner ist so windgeschützt, dass er eine ruhige Nacht im Dachzelt verspricht. Lüderitz, SonnenuntergangZwar ist der Ausblick auf das Wasser und den Hafen sehr schön, doch wir beschließen, uns eine andere Bleibe für die Nacht zu suchen.

Das Gegenstück zum dürftigen Campingplatz finden wir im mehr als luxuriösen Nest-Hotel. Zwar sehr teuer, aber das Zimmer und der Ausblick auf das Wasser entschädigen uns für den anstrengenden Fahrtag.
 
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